Baudenkmale
2014-2015
Leipzig

Mehrfamilienhaus Palais Arras

50.2010

Selten dominiert ein einzelnes Gebäude so sehr den Standort wie das Mehrfamilienhaus, das in Ecklage zwischen der Rolf-Axen-Straße
und der Gießerstraße gelegene Objekt. Im südwestlichen Leipziger Stadtteil Klein­zschocher, 1891 nach Leipzig eingemeindet, gelegen, wurde in dem Ende des 19. Jahrhunderts neu erschlossenen Wohnquartier westlich der Dieskaustraße vor allem für die großen Textil- und Maschinenfabrikenin Leipzig-Plagwitz Wohnraum für die Arbeiterschaft geschaffen.
In den Bauarchivakten ist als Bauherr der Bauunternehmer Moritz Arras aus Klein­zschocher angegeben, die Baugenehmigung wurde den Planungen des Architekten Carl Wolf am 22. Februar 1906 erteilt.

In der denkmalpflegerischen Stellungnahme wird das Gebäude als städtebaulich unverzichtbarer Kopfbau, der sich zwischen die ehemalige Bahnhof- und Gustav-Adolf-Straße, heute: Rolf-Axen-Straße und Gießerstraße, einfügt. Fertiggestellt wurde das Gebäude
im Frühjahr 1908.

Die ursprüngliche Fassadengestaltung, die von den beiden Eckerkern, die einen Zwerchgiebel einfassen, mit Turmaufsätzen und den für Leipzig eher ungewöhnlichen Bekrönungen mit Zwiebelhelmen dominiert wird, wurde an beiden Straßenseiten mit differenzierten Putzstrukturen, Kunststeinformteilen und Jugendstildekorationen ausgestaltet.
Seit Jahren leerstehend und zunehmend verwahrlost, wurde das Gebäude als eines der letzten noch verbliebenen Privatisierungsobjekte durch das kommunale Wohnungsunternehmen an die Initiatoren verkauft. Im Zuge einer früheren, vermutlich in den siebziger Jahren durchgeführten Instandsetzung der Fassade wurden weite Teile der Fassadengestaltung entfernt und mit einem bräunlich-sandfarbenen Kratzputz neu verputzt.
Die vorhandene Aufteilung als Dreispänner, also drei Wohnungen je Etage konnte trotz der vorgesehenen umfassenden Sanierung und Modernisierung erhalten bleiben.
Es erfolgten moderate Anpassungen der Wohnungsgrundrisse, um den Anforderungen an den heutigen Wohnungskomfort zu entsprechen. Zudem gelang es, in das Gebäude einen Personenaufzug zu integrieren, so dass insbesondere die oberen Geschosse hinsichtlich des Komforts dadurch aufgewertet wurden, aber auch der Nutzerkreis infolge der Barrierefreiheit deutlich erweitert werden konnte.

Aufgrund des nur kleinen Hofbereichs und der markanten und schutzbedürftigen Fassadengestaltung war die Anordnung von Balkonen für die neu sanierten Wohnungen eine Herausforderung. Während auf der Hofseite zwei vorgestellte Metallbalkontürme gut zu realisieren waren, musste für die nur zur Straßenseite ausgerichteten Wohnungen eine denkmalgerechte Lösung gefunden werden.

Planerisch gelöst wurde dies durch in den Fassadenbereich zwischen den beiden Erkertürmen eingefügten Kragbalkone, die mit einer leicht konvexen Form den Eckverlauf nachzeichnen. Durch diese Balkone wurde die Dominanz des Gebäudes in seiner markanten Eckposition nochmals verstärkt. Die neuen Balkone wirken als organische Ergänzung des Baukörpers und fügen sich harmonisch ein. Um dieses Einfügen zu unterstützen, wurde auch die Geländerform in bauzeitlicher Ausführung gestaltet.

Die ursprünglich im Erdgeschoss vorhandenen Ladengeschäfte waren aufgrund des veränderten Kaufverhaltens nicht mehr nachgefragt und wurden zu Wohnraum sowie zu einer Arztpraxis umgebaut.

Die in den siebziger Jahren ihrer Fassadenzier beraubte und mit Kratzputz versehene Fassade wurde auf Grundlage der im Bauaktenarchiv vorhandenen Originalplanunterlagen detailliert rekonstruiert wiederhergestellt. Auch die im Gebäude noch im Original vorhandenen Wandkacheln im Eingangsbereich konnten denkmalgerecht saniert werden. Einzelne fehlende Ornamente wurden durch eine Kunsthand­werkerin vor Ort mittels Handretusche ersetzt.
Auch die bauzeitliche Farbgestaltung im Treppenhaus, die stark vom Jugendstil ge­prägte Ornamentik aufweist, konnte durch einen Restaurator befundet und originalgetreu wieder hergestellt werden. Durch die um­fassende Sanierung konnten das Gebäude und seine wichtige städtebauliche Funktion gerettet werden. Es beherbergt nunmehr zwölf moderne Eigentumswohnungen sowie eine Zahnarztpraxis.

Durch die Sanierung sowie energetische Sanierung, das Objekt wurde energetisch auf Effizienzhausstandard ertüchtigt, ist das denkmalgeschützte Mehrfamilienhaus gut für die Zukunft gerüstet.

Bauherr

Auenlofts Leipzig GmbH & Co KG

Bauort

Leipzig – Kleinzschocher

Projekt

Denkmalgerechte Sanierung
und Modernisierung

Typologie

Bauen im Bestand
Denkmalschutz

Nutzung

Mehrfamilienhaus
(Eigentumswohnungen)

Entwurf

Heiko Kauerauf
Mitarbeit: Uta Mylius,
Wolfgang Starke

Leistungen

Entwurfs- und Genehmigungsplanung
Tragwerksplanung
Brandschutzkonzept
Wärmeschutz/Energiekonzept
Schallschutz

Bearbeitungszeitrum

Planung 2014–2015
Bauausführung 2015

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